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Kurt Gödel, ein mathematisches Genie zwischen Logik, Paranoia und Aberglauben

Kurt Gödel
Kurt Gödel

In Princeton, New Jersey, treffen in den Vierzigerjahren zwei der größten Genies ihrer Zeit aufeinander: Der Physiker Albert Einstein und der Mathematiker Kurt Gödel. Die beiden sind gut befreundet. Im Gegensatz zum berühmten, weltgewandten Einstein ist Gödel allerdings ein krankhaft paranoider, abergläubischer Sonderling. Er glaubt an übernatürliche Phänomene und leidet an Hypochondrie. Gequält von der Wahnvorstellung, jemand wolle ihn vergiften, lehnt Gödel am Ende seines Lebens jede Nahrung ab. Abgemagert und ausgezehrt stirbt der große Logiker am 14. Jänner 1978.

Brünn und Wien

Kurt Gödel wird 1906 in Brünn geboren. Als ihn im Alter von acht Jahren rheumatische Fieberanfälle heimsuchen, liest er in Fachbüchern, dass solche Anfälle Herzschäden hervorrufen können. Trotz gegenteiliger Behauptungen der Ärzte ist er von diesem Zeitpunkt an überzeugt, einen Herzfehler zu haben. Seine Hypochondrie sollte ihn sein ganzes Leben lang nicht mehr loslassen. In Wien studiert Gödel Mathematik. Er beginnt sich für die logischen Grundpfeiler der Mathematik zu interessieren. Er will nicht mit mathematischen Theorien etwas ausrechnen, sondern er will erforschen, wie die Mathematik selbst funktioniert. In seiner Dissertation untersucht er die Widerspruchsfreiheit der Mathematik und kommt zu einem Ergebnis, das viele Logiker seiner Zeit tief erschüttert: Die Mathematik selbst ist keine logisch abgeschlossene Theorie, in der Mathematik gibt es Aussagen, die weder wahr noch falsch sind.

Widersinnige Mathematik?

Gödel beschäftigte sich mit mathematischen Paradoxa, Aussagen, die sich selbst widersprechen. Manche Paradoxa sind schon lange bekannt: Im antiken Griechenland behauptete der Philosoph Epimenides: „Alle Kreter sind Lügner!“ Allerdings war Epimenides selbst aus Kreta – was stimmt also nun? Eine Aussage wie „Dieser Satz ist falsch“, ist logisch betrachtet ein Widerspruch in sich. Gödel gelingt es zu zeigen, dass man auch innerhalb der Mathematik formale Sätze konstruieren kann, die Aussagen über sich selbst machen. So lassen sich mathematische Sätze konstruieren, die von sich selbst behaupten: "Ich bin unbeweisbar". Der große Traum, dass die Mathematik von jeder logischen Aussage messerscharf entscheiden könne, ob sie wahr oder falsch sei, war damit zerplatzt.

Flucht vor den Nazis

Während viele deutsche und österreichische Wissenschafter vor den Nazis nach Amerika fliehen, bleibt Gödel mit seiner Frau, der Nachtclubtänzerin Adele Porkert, in Wien. Eines Tages wird der Wissenschafter mit der dicken Hornbrille irrtümlich für einen Juden gehalten und von Nazis angepöbelt, die seine Frau zum Glück mit einem Schirm in die Flucht schlagen kann. Jetzt beschließen die beiden, doch auszureisen. Nur aufgrund des Geschicks von Gödels Freunden in den USA gelingt im Jahr 1940 noch die Flucht über Russland und Japan nach Amerika. In Princeton fragt ihn sein alter Freund Oskar Morgenstern nach der Lage in Wien. „Der Kaffee ist erbärmlich“, antwortet Gödel, über Hitler verliert er kein Wort. Politik ist für ihn nie ein wichtiges Thema, obwohl er viele jüdische Freunde hat, die unter dem Nazi-Regime leiden.

Zeitreisen und Gespenster

Gödel und Einstein
Kurt Gödel und Albert Einstein

In Princeton, wo Albert Einstein bereits seit 1932 arbeitet, bekommt Gödel schließlich eine Professorenstelle. Die Freundschaft mit Einstein ist Gödel ungeheuer wichtig. Einstein meinte später sogar, er käme nur noch ans Institut, um „das Privileg zu haben, mit Gödel zu Fuß nach Hause gehen zu dürfen.“ Gödel interessiert sich sehr für Einsteins Relativitätstheorie und beweist, dass nach Einsteins Gleichungen ein Universum möglich ist, in dem Zeitreisen durchführbar sind. Mittlerweile ist er zu einem angesehenen und international bekannten Wissenschafter geworden, auch wenn er in manchen Dingen sehr eigenartige Vorstellungen hat. Kurt Gödel, der große Logiker, glaubt an Gespenster und ist davon überzeugt, dass seine Frau eine übernatürliche Gabe hat, Lottozahlen zu erraten. Im Lauf der Jahre entwickelt er immer deutlichere Zeichen von Paranoia. Er fürchtet sich davor, ermordet zu werden und hat Angst vor Gas, das angeblich aus seiner Heizung kommt. Nebenbei versuchte Gödel einen streng formallogischen Beweis für die Existenz Gottes aufzustellen.

Hungertod

In seinen letzten Lebensjahren ist Gödel von der Angst besessen, vergiftet zu werden. Er isst nur noch wenig, nur die liebevolle Unterstützung durch seine Frau Adele hält ihn am Leben. Als sie 1977 selbst für einige Monate ins Krankenhaus muss, verweigert Gödel – ohne seine Vorkosterin – überhaupt jede Nahrung. Mit etwa dreißig Kilo Körpergewicht wird er ins Krankenhaus eingeliefert. Der wohl größte Logiker des zwanzigsten Jahrhunderts stirbt am 14. Jänner 1978, weil er sich weigert zu essen.

Auch wenn Gödel in den USA zahlreiche Ehrendoktorate erhielt und hochangesehen war – Ehrungen aus Österreich blieben aus. Nie versuchte die Universität Wien, ihn an seine Alma Mater zurückzuholen. Eine „Gödel-Straße“ sucht man in Wien auch drei Jahrzehnte nach seinem Tod vergeblich.



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